Das Antiduo der französischen Nachkriegszeit (1945–1975): Claude Parent und Paul Virilio entwarfen eine schräge Architektur, die im Gehen bezwungen werden muss
Der eine – der Architekt Claude Parent (1923–2016) – war «dafür gemacht, Formen zu erschaffen», wie sein erster Arbeitspartner, der Architekt Ionel Schein, erkannte. Der andere – der Urbanist Paul Virilio (1932–2018) – suchte die Atlantikküste nach Bunkern und die Nachkriegsstädte nach «Antiformen» ab. Zusammen bildeten Parent und Virilio von 1963 bis 1968 das Duo Architecture Principe, das mit seiner Theorie einer schrägen Architektur (fonction oblique) und der Kirche Sainte-Bernadette du Banlay in Form eines Bunkers eines der kontroversesten Bauwerke des 20. Jahrhunderts schuf.
Dieses Buch widmet sich erstmals der Entstehungsgeschichte von Architecture Principe. Es untersucht dabei Parents Entwicklung vor dem Hintergrund der architektonischen und künstlerischen Diskurse, mit denen sich der Architekt vor seiner Zusammenarbeit mit Virilio beschäftigte. Das Duo Architecture Principe bedeutete eine Zäsur in Parents Schaffen, während es im Gesamtwerk von Virilio eine weitgehend unbekannte Frühphase darstellt, die bereits Elemente seiner viel diskutierten Geschwindigkeitskritik (Dromologie) enthält.